DER EREMIT.

Karel Hynek Mácha

DER EREMIT.
Wo im Thal im grünen Haine Aus der dunkeln Kluft, Bey des Mondes düsterm Scheine, Dumpf der Uhu ruft, Steht ein Kreutz aus grauem Steine Niedrig nur gebaut, Steht es schaurig ganz alleine, Dass dem Wand’rer graut. Da stand in des Thales Mitte Niedrig nur und klein, Eine Stroh bedeckte Hütte Einsam und allein. Seitwärts stand ein kleiner Garten Voll und früchtenreich Rings umgeben von dem zarten Grünenden Gesträuch. Sanft unter dem Hüttenfenster Durch der Blumen Schooss Rieselte ein Bächlein, das sich In den See ergoss, Der am End’ des Haines strahlte, Wenn des Abends Gluth Golden bald, bald röthlich mahlte Seine stille Fluth. Rechter Hand war die Kapelle An den Fels gelehnt, Deren kleines Glöckchen helle Im Thal wiedertönt. Täglich tönten Lobgesänge 56 Kleiner Vögelein, Auf zum blauen Himmelsbogen Durch den grünen Hain. Tief im düstern Hintergrund’, von Rosen rings umkränzt, War ein moosbedeckter Hügel, Wo ein Kreuz erglänzt. Traurig senkten die Cypressen Über diess ihr Haupt, Selbst, wenn in dem grauen Winter Ihres Schmuck’s beraubt, Alle Bäume trauernd schlafen Trauernd ruht die Flur, Und in düst’res Grau gehüllet Feyert die Natur, Und wenn aus dem lichten Haine Alle Vögel flieh’n, Kränzt der Eremit das Kreutz dort Stets mit Immergrün. Ihn zwang sein trauriges Schicksal Und sein eisern’ Loos, Hier im stillen Hain zu wohnen, In des Thales Schooss Einsam, unbekannt zu leben, Einsam untergehn, Einsam in dem Grab zu ruhen, Bis auf jenen Höhn, In den lichten Himmelsräumen Wir uns wiedersehn, Bis uns die Posaune rufet, Und wir auferstehn. 57