ELEGIE.

Karel Hynek Mácha

ELEGIE. ELEGIE.
Bleich hängt der Mond dort überm Eichenhaine; In tiefer Ruhe feyert die Natur. Und von dem Sternenlicht im Mondenscheine Erglänzet silbern rings die stille Flur. Und leiser rauscht im Mondenschein so helle Des kleinen Baches Welle.
Des Tages laute Stimmen sind verklungen, Verklungen ist der kleinen Sänger Chor, Die durch den Wald den ganzen Tag gesungen; Und düster schwebt’s fast wie ein Trauerflor Dort um den Berg; der hebt sein Haupt so bleich, Fast bis zum Sternenreich. Hier sitze ich in deinen morschen Hallen, Du längst zerstörtes, längst verfall’nes Schloss! Du sahest wohl einst grosse Helden wallen In deinen Mauern; und der Knappen Tross Ergötzte sich in dir beim vollen Becherklang Mit Spielen und Gesang! Du sahest wohl, auch tapfre Ritter ziehen, Die arm, doch stark, u[nd] ohne eignen Herd? Du sahest sie nur für das Rechte glühen, 81 Nur für das Gute zieh’n ihr wack’res Schwert? Du hörtest es, wie sie vom Kampfe müd’ Ergötzt’ des Sängers Lied? So war es einst in deiner Berge Kreisen Du Böhmerwald! Doch jene schöne Zeit Ist nun dahin! Wie sanfte Harfenweisen Ist sie verklungen! Nimmermehr erneut Die Zeit sich wieder! Nimmer kehrt zurück, Mein heimisch Land, dein Glück! Zu jener Zeit ward auch ein Mann geschätzet, Und damals galt noch eines Mannes Wort, Die Schwüre wurden nicht so leicht verletzet, Wie jetzt; entheiligt war kein heil’ger Ort. Betrug war nur dem Worte nach bekannt, Die Lüge war verbannt. Dort wo verschlungen Dorn u[nd] Disteln trauern, Dort wo die Eul’ mit dumpfem Rufe klagt, Da wandelten durch euch ihr stolzen Mauern, Der Böhmen Herrscher, und wo höher ragt Die Mauer, da sah’n sie von hoher Zinn’ In ihre Länder hin. 82